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30 April, 2007

Aus meteorologischer Sicht dauert der antarktische Herbst vom 1.3. bis zum 31.5. Somit ist der April mittendrin im antarktischen Herbst. Und man wird sich bewusst: Der Sommer mit seinen angenehmen Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt ist l�ngst Geschichte, aber auch der dunkle Winter ist noch nicht vollends da. Dennoch merkt man, dass die w�rmenden Sonnenstrahlen weniger werden. F�r viele, die den ersten Winter in Halley sind, war die erstmalige Unterschreitung der Temperaturgrenzen von -30 �C und Mitte April sogar -40 �C eine aufregende und neue Erfahrung. Ende April jedoch bemerkt man die niedrigen Temperaturen eher dadurch, dass das Anziehen der vielen Schichten Kleidung fast doppelt so lange dauert. Ich fand es bemerkenswert, dass die Temperaturdifferenz zwischen Halley und dem heimischen Braunschweig an einigen Tagen knapp 70 �C betrug, ein Wert, den man sich sehr schwer vorstellen kann. Der April war �brigens der k�lteste April in Halley seit beginn der meteorologischen Aufzeichnungen hier, somit seit mehr als 50 Jahren.

Begonnen hat der April mit der Ank�ndigung einiger merkw�rdig erscheinenden Aufgaben. Viele erkannten jedoch rechtzeitig genug, dass es sich um Aprilscherze handelte. Dave wurde allerdings beobachtet, wie er die von Tamsin aufgetragene Sastrugi H�henmessung und H�ufigkeitsverteilung durchf�hrte. James stand dem Doc mit dem Pinsel zur Hand, um alle Tonnen im Umfeld der Station orange zur streichen. Aber zumindest Dave hat einen Weg gefunden, sich zu r�chen. Tamsin hat etwas gebraucht, bis sie das neue Passwort f�r Ihren Computer herausgefunden hat und wei� nun, dass es nicht ohne Risiko ist, den Bildschirm nicht zu sperren, wenn man nicht am Arbeitsplatz ist…

Kein Aprilscherz war es, als ich in der Nacht vom 1. April geweckt wurde. Wir haben einen Aurora-Weckdienst eingerichtet und die erste Aurora Australis pr�sentierte sich in schimmernden gr�nen Farben am Firmament. Wie f�r mich war es auch f�r einige andere �berwinterer das erste Polarlicht, das ich je gesehen habe. Es gab im April schon einige sternenklare N�chte mit Auroras, und ich hoffe, dass noch viele weitere dazukommen, dann dieses Naturschauspiel ist einfach einzigartig.

Arbeitstechnisch ist nun bei vielen etwas Routine reingekommen. Au�erdem lassen die Wetterbedingungen die Arbeiten im Freien schwerer und langsamer werden. Nachdem die Exkursionen ins Feld nun beendet sind, versucht sich Sune nach fast 6 ununterbrochenen Wochen im Zelt wieder auf der Laws Platform zurechtzufinden. Neil verbringt weiterhin 60 Arbeitsstunden oder mehr pro Woche im CasLab. �bertroffen wird das vielleicht nur noch von Mat, der noch mehr Zeit in der Garage verbringt und die Halley Fahrzeugflotte wartet.

Im April haben die MetBabes (Tamsin, Kirsty und Dave) neben ihrer routinem��igen Arbeit auch diverse Wartungsarbeiten an den meteorologischen Sensoren durchgef�hrt und die Micro-Barographen rekalibriert.

Au�erdem verf�gt Halley nun auch wieder �ber eine zweite umweltfreundliche Energiequelle. Neben der Solaranlage (die ironischerweise die Kraftstoffpumpen der Tankstelle versorgt) ist nun auch eine Windkraftanlage in Betrieb gegangen. Julius und Neil haben die Anlage errichtet, die nun genug Energie liefert, um einige wissenschaftliche Ger�te mit Strom zu versorgen.

Diese Energieans�tze sind nat�rlich vorbildlich, reichen jedoch nicht aus, um all die Energie zur Verf�gung zu stellen, die auf der Station ben�tigt wird. Darum k�mmert sich Andy darum, dass die Generatoren auf der Laws und Piggott Platform stets gut gewartet ihren Dienst verrichten. Dazu geh�rt auch das regelm��ige Nachf�llen der Flubber (wabbelige Kraftstoffvorratsbeh�lter) mit Sprit. Um nicht im tiefsten Winter diese Arbeit zu verrichten, hat er mit Hilfe von Brian und James diese Aufgabe Ende April erledigt.

Hin und wieder tragen wir �berwinterer auch dazu bei, dass einige Leute weitere Aufgaben bekommen. So geh�rt es f�r Brian mittlerweile fast schon zur Routine, die Schaufeln und Funkger�te aus dem Schmelzwassertank zu fischen, die wir reinfallen lassen. Antony, unser 5 Sterne delux Chefkoch hat mit seiner Nachtschicht (und seinen planm��ig freien Tagen) daf�r gesorgt, dass fast jeder im April mindestens einen Tag in der K�che verbracht hat. Dabei bin ich sicher nicht der einzige, der begriffen hat, wie schwer es ist, m�glichst auf alle unterschiedlichen Geschm�cker einzugehen und dann das vielf�ltige Essen auch noch p�nktlich zur Essenszeit fertig zu bekommen.

Ende April pr�sentierte uns Richard, der Arzt seine Pl�ne zu seinen Winterstudien. Alle k�nnen auf freiwilliger Basis darin involviert werden. Dar�berhinaus wurde eine Tunnelrettung ge�bt. Das Team hat es letztlich geschafft, den Patienten mit einer Winde an die Oberfl�che zu bekommen. Der Dummy wurde nicht nur schnell gerettet, er hat es auch gut verkraftet, abgesehen davon, dass er den Kopf verloren hat.

Abschlie�end noch einige wenige Worte zu meinem UAV (unmanned aerial vehicles = unbemannte Flugzeuge) Projekt im April. Durch die Fl�ge im Bereich der Station und au�erhalb haben wir sehr viel gelernt. Diverse technische Verbesserungen haben das Gesamtsystem noch Antarktis-tauglicher gemacht. Dazu beigetragen hat aber nicht nur die intensive Arbeit vor Ort (und in Cambridge), sondern auch die Arbeit meiner Kollegen daheim im Institut f�r Luft- und Raumfahrtsysteme der TU Braunschweig.

Es hat sich auch herausgestellt, dass sich das durch BAS modifizierte SnoCat, das f�r Fl�ge au�erhalb des Stationsbereiches als Transportmittel und als UAV Bodenstation dient, absolut bew�hrt hat. Mittlerweile ist auch das Kernteam, bestehend aus Pilot (ich selbst) und Bediener der Bodenstation (Alex oder Julius) gut eingespielt. Weitere freiwille Helfer lie�en sich auch immer leicht finden, wenn ich welche ben�tigt habe. Pers�nlich habe ich vor allem gelernt, dass man in der Antarktis sehr geduldig sein muss. Es bringt nicht viel, Mensch und Material zu gef�hrden, wenn die (zumeist Wetter-) Bedingungen nicht gut sind. Aufgrund der zu geringen Temperatur f�r die Batterien des Flugzeugs steht mir die Winterpause zur Verf�gung, um die Flugzeuge zu warten, weiter zu verbessern und neue Sensorik (Infrarot Thermometer) abschlie�end einzur�sten. Die Winterzeit wird mir auch Gelegenheit geben, �fter mal etwas �ber den Tellerrand zu sehen, und den anderen �berwinterern bei Ihrer Arbeit zu helfen.

Neben all der Arbeit kommt aber auch die Freizeit nicht zu kurz. Kite-Borading und Kite-Skiing ist sehr beliebt in Halley und z�hlt auch zu meinen pers�nlichen Freizeitfavoriten. Obwohl Wetter und Tageslicht das Kiten immer seltener m�glich machten, gab es im April doch hin und wieder noch mal die M�glichkeit auf dem Snowboard dahinzugleiten. H�chstwahrscheinlich wird nur Chris den gesamten Winter durch kiten. Im April konnten weder D�mmerung, noch -43 �C ihn vom Kiten abhalten.

Kirsty, Tamsin, Julius, James, und Alex haben beschlossen, dass das gelegentliche Schaufeln f�r den Schmelztank nicht genug ist und haben kurzerhand an einem Abend ein tiefes Loch in den Schnee gebuddelt. Ziel war nicht die Suche nach �l, sondern das Wiederfinden einer Eish�hle, die 2003 mal gebuddelt wurde. Letztlich, nach einem kompletten Tag Schaufeln haben sie es auch geschafft. Abends war jeder zu einem Umtrunk in der H�hle willkommen.

Karfreitag hatten wir ein nettes BBQ bei -30 �C drau�en. Antony war voll in seinem Element und servierte uns hei�es, gegrilltes Essen. F�r alle neuen �berwinterer war es das k�lteste Grillen aller Zeiten. Ostersonntag haben alle nach den Ostereiern gesucht, die Tamsin auf der Laws Platform versteckt hat. Einige werden wahrscheinlich erst in Jahren bei der Demontage von Halley V gefunden, wenn Halley VI schon lange in Betrieb ist.

Fast w�re der April ohne Geburtstagsparty gewesen, doch wo keine Party ist, da macht man sich eine. Darum wurde im April Deans Geburtstag nachgefeiert. Dean hatte w�hrend der Abladephase der Shackleton Geburtstag und konnte daher nicht feiern. Das haben wir mit einer Motto-Party im April nachgeholt. Thema war diesmal Cartoon und andere animierte Charaktere. Alle hatten auf der Party eine gute Zeit.

Ansosnten ist auch bei den Freizeitaktivit�ten etwas Routine reingekommen. Es gibt regelm��ige Veranstaltungen unter der Woche. Ich gebe zum Beispiel immer Dienstags eine Stunde Deutschunterricht. Au�erdem werden die Abende und Wochenenden von allen mehr und mehr dazu genutzt, das Midwintergeschenk zu basteln.

Insgesamt war der April also ein weiterer aufregender Monat in Halley. Pers�nlich freue ich mich auf weitere Monate voller neuer Erfahrungen und Eindr�cke. Sonnenuntergang, weitere Auroras, Midwinter, Sonnenaufgang, die ersten UAV Fl�ge �ber Meereis, weitere Exkursionen ins Feld und vieles mehr.